Der Haastadler (Harpagornis moorei) war mit etwa 10–14 kg Gewicht der gröÃte Greifvogel der Neuzeit. Der Riesenadler lebte in Neuseeland und jagte hauptsächlich die verschiedenen Moas, vermutlich aber auch verschiedene andere groÃe flugunfähige Vögel, wie etwa die bis 18 kg schwere Riesengans Cnemiornis calcitrans. Zusammen mit diesen und anderen Tieren verschwand Harpagornis relativ kurze Zeit, nachdem die Vorfahren der heutigen Maoris Neuseeland besiedelten.
Die Maori nannten den Vogel Te Pouakai oder Te Hokioi, wobei der zweite Name bevorzugt wurde und wohl eine lautliche Entsprechung des Schreis war: Hokioi-Hokioi. Es gibt sogar eine alte Maori-Felszeichnung, die einen Menschen mit zwei sehr groÃen, toten Vögeln zeigt. Während der eine wohl einen Albatros darstellt, wird der andere als Abbildung eines Harpagornis angesehen. Die erste wissenschaftliche Beschreibung stammt von Dr. Julius von Haast (1874), der ihn nach George Henry Moore benannte, dem Eigentümer des Glenmark-Anwesens, auf welchem Knochen des Vogels gefunden wurden.
Der Haastadler stellte eine groÃe Gefahr für die polynesischen Kolonisten Neuseelands dar, da er groÃe, zweibeinige Beute jagte, was sich auch in den Maori-Legenden widerspiegelt, denn dem Te Hokioi wurde nachgesagt, er sei ein Menschenfresser. Im Gegensatz zu den Moas wurde er wie viele andere Raubvögel möglicherweise zielgerichtet ausgerottet, das schnelle Verschwinden seiner Hauptbeute, Moas und andere groÃe flugunfähige Vögel, dürfte sein Aussterben noch beschleunigt haben. Es existiert eine Reihe von fossilen Funden (derzeit jedoch nur drei vollständige Skelette), darunter auch von Siedlern bearbeitete Knochen. Es wird angenommen, dass er um das Jahr 1700 ausstarb. Um das Jahr 1905 wurde angeblich noch ein Adlernest gesichtet, was jedoch unwahrscheinlich ist.
Harpagornis füllte eine besondere Lücke in der von Vögeln dominierten neuseeländischen Tierwelt, in der es auÃer einer etwa 60 cm groÃen Riesengeckoart nie Bodenraubtiere gab. Daher musste er geschlagene Beute nicht sichern, wie es andere Adler machen, etwa indem sie ihre Beute auf einen erhöhten Platz tragen. So konnte der Adler auch Beute angreifen, die schwerer war als er selbst, und mehrere Tage ungestört an ihr fressen, was in anderen Gebieten der Erde durch die groÃe Anzahl bodenbewohnender Raubtiere nicht möglich gewesen wäre. Die Beute wurde mit besonders langen und kräftigen Krallen durchbohrt, die teilweise sogar groÃe Knochen durchschlugen.
Im Gegensatz zu Argentavis nutzte der Harpagornis vermutlich keinen Gleitflug, sondern Flügelschlag, um sich in den Wäldern zu bewegen. Mit 2,5–3 Metern Spannweite war er somit der gröÃte Vogel, der Flügelschlag einsetzte. Wahrscheinlich wartete er auf einem erhöhten Platz, etwa einem Baum, auf vorbeiziehende Beute und stürzte sich dann mit hoher Geschwindigkeit (bis zu 80 km/h) auf sie.
DNA-Analysen zeigen, dass der Haastadler genetisch eng verwandt war mit dem Zwergadler (Hieraaetus pennatus) und Kaninchenadler (Hieraaetus morphnoides), und nicht wie ursprünglich vermutet mit dem Keilschwanzadler (Aquila audax). Tatsächlich stand der Haastadler den Kleinstadlern genetisch näher als diese wiederum allen anderen Arten der Gattung Hieraaetus. Daher wird derzeit diskutiert, den Harpargornis moorei in Hieraaetus moorei umzuklassifizieren.
Der Zweig des Haastadlers entwickelte sich aus den Kleinstadlern vor etwa 700.000 bis 1,8 Millionen Jahren. Die Zunahme des Eigengewichtes um den Faktor 10 bis 15 in dieser Zeitspanne stellt eine der schnellsten evolutionären GröÃenzunahmen dar, die bisher bei Wirbeltieren beobachtet wurde. Sie wurde vermutlich durch die Anwesenheit groÃer Beute und der Abwesenheit anderer groÃer Jäger begünstigt.